Dokumentiert: Warum die Palisoli von KgK verkehrt ist

Veröffentlicht: 30. Juli 2017 in kapitalismus, linke, Politik, Staat
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[Edit: Mittlerweile wurde der Kommentar freigeschaltet.]

Da man sich bei Klasse gegen Klasse dazu entschieden hat, meinen Kommentar zum
Artikel über ihre Palästinasolidarität nicht freizuschalten, dokumentiere ich ihn halt – mit belegenden Zitaten aus dem Artikel ergänzt – hier. Zumal man ihn mit allenfalls leichten Änderungen auch dem entgegen halten kann, was andere Antiimps zum Thema verfassen, um sie zumindest mal auf die inneren logischen Widersprüche ihrer Position hinzuweisen.

Also euer Argument ist ernsthaft, dass man das bisher erfolglose Staatsgründungsprojekt von Hamas und Fatah nicht so arbeiterfeindlich wie das erfolgreiche Staatsgründungsprojekt Israel nennen darf, weil das eine bereits erfolgreich war und das andere noch nicht? Was hat denn der Erfolg beim Gründen eines bürgerlichen Nationalstaats damit zu schaffen, dass das ein arbeiterfeindliches Programm ist? Ihr zählt ja sogar einen Absatz später auf, wie arbeiterfeindlich sowohl Hamas als auch Fatah sind, nur um dann wieder darauf auszuweichen, dass das nicht interessieren dürfe, weil „Selbstbestimmungsrecht der Völker“.

Die Hamas als fast genauso schlimmen Feind der Arbeiter*innenklasse wie den zionistischen Staat darzustellen, bedeutet in der Praxis die Verharmlosung der zionistischen Besatzung und der menschenunwürdigen Behandlung der ermordeten, ausgeplünderten und vertriebenen Millionen Palästinenser*innen.

Die islamische Führung der Hamas tritt mit der politischen Nähe zur Moslembruderschaft und zur AKP auf. Diese Strömung ist ein großer Fanatiker der Privatisierung, die die Lebensgrundlage der Arbeiter*innen angreift und sie zur Prekarisierung drängt. Außerdem sind sie nicht nur arbeiter*innenfeindlich, sondern bekannt für Korruption und Zusammenarbeit mit dem ausländischen Kapital. Die Hamas neigt dazu, auf Kosten der Befreiung Palästinas ihr wirtschaftliches und politisches Programm dem ausländischen Kapital zu öffnen. Dass diese Strömung Kommunist*innen jagt und foltert, sollte inzwischen kein Geheimnis mehr sein.

Wenn wir von bedingungsloser Solidarität sprechen, nur deshalb, um die Ungleichheit der Kräfteverhältnisse, die Hauptverantwortung für die Unterdrückung und die Perspektive für die Befreiung offenzulegen. Als revolutionäre Marxist*innen verteidigen wir das Recht des palästinensischen Volkes auf nationale Selbstbestimmung und ihren Kampf gegen die Besatzung, die seit 1948 durch die Konstituierung des zionistischen Staates andauert.

Gerade weil ihr wegen dieser interessierten Denke die daraus resultierenden logischen Widersprüche wegignorieren wollt, muss man sie euch immer wieder vor den Latz knallen. Also dann:

1.) Wieso hat das Argument, dass der Nationalstaat einen bürgerlichen Klassencharakter hat, und sich Arbeiter daher nicht auf die beschworene „nationale Einheit“ einlassen, sondern über Landesgrenzen hinweg als Klasse gegen die Kapitalisten und den bürgerlichen Nationalstaat vorgehen sollten, keine Gültigkeit mehr, wenn es sich um bisher gescheiterte (oder in der Staatenkonkurrenz recht erfolglose) Staatsgründungsprojekte handelt?

2.) Mal angenommen eure Unterstützung von Hamas und Fatah hätte Erfolg, sie würden Israel besiegen, die Juden ins Meer treiben, und das „Selbstbestimmungsrecht des palästinensischen Volkes“ in einem bürgerlichen Nationalstaat verwirklichen. Würdet ihr dann immer noch diesen Staat unterstützen, und falls ja mit welcher Begründung angesichts eurer Position zum bürgerlichen Nationalstaat? Oder würdet ihr dann auf eine Unterstützung des zionistischen Staatsgründungsprojekts umschwenken, damit das „Selbstbestimmungsrecht des jüdischen Volkes“ verwirklicht wird, und falls ja mit welcher Begründung, wenn ihr euch doch eben erst für dessen Niederlage eingesetzt habt?

3.) Wie passen überhaupt der von euch postulierte Moralismus vom „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ (zu einem eigenem bürgerlichen Nationalstaat) und euer Seitenname „Klasse gegen Klasse“ (also gerade das Abstand nehmen der Arbeiterklasse von der beschworenen nationalen Einheit mit der heimischen Bourgeoisie, zugunsten einer grenzüberschreitenden Solidarität gegen die Bourgeoisie) zusammen?

Kommentare
  1. Auf Facebook wurde ich darauf hingewiesen, dass KgK doch vermutlich einen sozialistischen und keinen bürgerlichen Staat Palästina anstrebt. Meine Antwort darauf (alle Zitat aus dem hier diskutierten KgK-Artikel):

    Du liegst richtig damit, dass KgK will, dass da am Ende irgendwie was sozialistisches rauskommt:

    Die einzige wahre und mögliche Lösung, die ein friedliches und geschwisterliches Zusammenleben von Palästinenser*innen und Juden und Jüdinnen ermöglicht, besteht darin, den zionistischen und proimperialistischen Staat Israels auf der Grundlage eines gemeinsamen Kampfes bis auf die Grundmauern zu zerstören. Dieser Kampf ist untrennbar mit dem Kampf für das Ende der imperialistischen Herrschaft über die Region verbunden. Als Schritt auf dem Weg zu einer Föderation Sozialistischer Republiken des Nahen Ostens, vertreten wir als revolutionäre Marxist*innen die Perspektive eines sozialistischen, laizistischen und multiethnischen Palästina auf dem gesamten historischen Gebiet Palästinas.

    Nur hält sie das keineswegs davon ab, den nationalen Widerstand unabhängig von den dort vertretenen Inhalten zu unterstützen, also auch wohlwollend in Kauf zu nehmen, wenn dort am Ende ein (religiös geprägter) bürgerlicher Staat herauskommt. Wäre ja immerhin eine nationale Befreiung sowie eine Schwächung des Imperialismus‘. Die von mir kritisierte Argumentationslinie im Text geht nämlich so:

    Das „Recht auf nationale Selbstbestimmung“ ist primär gegenüber den Klassenkonflikten -> daher gilt es für die unterlegenen Seite in der Staaten-/ Staatsgründungskonkurrenz Partei zu ergreifen -> deshalb darf man die Inhalte bürgerlicher und/oder reaktionärer Strömungen im Befreiungskampf nicht ebenso kritisieren wie die imperialistischen Staaten, sondern muss mit diese in ihren Kampf gegen den Imperialismus bedingungslos unterstützen:

    Als revolutionäre Marxist*innen verteidigen wir das Recht des palästinensischen Volkes auf nationale Selbstbestimmung und ihren Kampf gegen die Besatzung, die seit 1948 durch die Konstituierung des zionistischen Staates andauert. Dieses Recht wird ihnen vom Imperialismus und dem Zionismus verwehrt.

    Wenn wir von bedingungsloser Solidarität sprechen, nur deshalb, um die Ungleichheit der Kräfteverhältnisse, die Hauptverantwortung für die Unterdrückung und die Perspektive für die Befreiung offenzulegen.

    Wie oben analysiert gehört die Religion heute zum festen Bestandteil der nationalen Identität in Palästina. Die Aufgabe von Marxist*innen besteht heute in Palästina nicht darin, über die Absurdität des religiösen Märchens hohle Reden zu halten, sondern die Unterdrückung aufgrund der Zugehörigkeit einer Religion zu verstehen und das demokratische Recht über die Religionsfreiheit zu verteidigen.

    Die Hamas als fast genauso schlimmen Feind der Arbeiter*innenklasse wie den zionistischen Staat darzustellen, bedeutet in der Praxis die Verharmlosung der zionistischen Besatzung und der menschenunwürdigen Behandlung der ermordeten, ausgeplünderten und vertriebenen Millionen Palästinenser*innen. In der Bekämpfung der Besatzungsorganisationen Israels stehen wir im selben militärischen Lager wie die Organisationen des Befreiungskampfes, d.h. wir teilen die Zielsetzung des Sieges über den zionistischen Staat und seine Armee.

    Die hochentwickelte israelische Kriegsmaschinerie kann keinesfalls mit den militärischen Aktionen der Hamas und anderer Gruppen des palästinensischen Volkes verglichen werden. Denn die letzteren sind trotz ihres Programms ein fundamentaler Bestandteil des legitimen Widerstands des palästinensischen Volkes.

    Wenn man Hamas und Fatah bei deren Kampf um einen eigenen Staat unterstützt und sich die Kritik an deren Inhalten verbittet, weil es doch jetzt erstmal der gemeinsame antiimperialistischen Kampf anstünde, der unterstützt sie dadurch auch bereitwillig dabei, ihr bürgerliches Staatsgründungsprojekt durchzusetzen. Was für Antiimps wie gesagt auch allemal ein historischer Fortschritt und die Verwirklichung des „Selbstbestimmungsrechts der Völker“ wäre.

    Wieso meint KgK dann aber, dass dabei am Ende auch Sozialismus stehen könnte? Durch ihr fast schon magiegläubiges Vertrauen auf die Macht der Führung. Für sie kommt es nur darauf an, dass irgendein Kampf stattfindet, dem sie sich als erfolgsversprechendste Führung andienen können. Und wenn nur die (richtigen) Trotzkisten als die Führung anerkannt werden, wäre das Resultat im Erfolgsfall – abrakadabra simsalabim – schon irgendwie Sozialismus.

    Die einzige für KgK zulässige Kritik an Hamas und Fatah – während man ihr arbeiterfeindliches Programm und ihre religiösen Spinnereien nicht kritisieren soll (s.o.) -, ist dann konsequenterweise auch, dass die nicht nationalistisch genug wären, sondern sich wegen ihres bürgerlichen Charakters auf Kompromisse im Befreiungskampf einließen. Dass die Trotzkisten die besseren, weil kompromissloseren, also erfolgsversprechenderen Nationalisten sind, soll folglich der Grund sein, ihnen die Führung des nationalen Widerstands anzutragen:

    Es ist kein Märchen, dass weder Hamas noch Fatah die Aufgaben des Widerstands erfüllen können. Ihre Sackgasse liegt in ihrer beschränkten kleinbürgerlichen bis reaktionären Antwort auf die israelische Kolonisierung. Zuletzt präsentierte die Hamas auf dem Kongress am 1. Mai 2017 eine neue Charta, die einen harten Schwenk auf eine versöhnlerische Ebene manifestiert. In der Charta steht, dass die Grenzen eines palästinensischen Staates auf den Grenzen von 1967 basieren könnten. Das bedeutet die Anpassung an die Besatzungsmacht. […] Auf der anderen Seite hat sich die Fatah schon längst als eine korrupte und proimperialistische Führung entlarvt und trug so auch zu dem Aufstieg der Hamas bei. Nach Mahmud Abbas, dem Anführer der Fatah, sollte nicht die Ausweitung und Vertiefung des Kampfes gegen die Besatzungsmacht angestrebt werden, sondern die harmonischen und diplomatischen Friedensgespräche.

    Dann sind sie jedoch, falls es ihnen gelingt, die Führung an sich zu reißen, immer noch die Führung eines Haufens von mehr oder weniger religiös fanatisierten Nationalisten, von dem sie nur als Führung anerkannt werden, weil dieser sich von ihnen die Erfüllung ihres nationalen Projekts verspricht. Folglich sind sie allenfalls auch nur solange als Führung anerkannt, solange sie dieses Projekt vorantreiben. Weshalb es auch an magisches Denken grenzt, sich davon einen Sozialismus zu versprechen, denn dieser müsste dann entweder ganz ohne Sozialisten an der Basis auskommen, oder die Basis müsste ganz ohne Kritik ihrer bisherigen Welterklärungen und der aus diesen folgenden Ziele auf einmal ganz von selbst Sozialisten werden. (Was die Trotzkisten bspw. auch nochmal von den Maoisten unterscheidet. Die wollen solche Kämpfe wenigstens dazu nutzen, um in ihnen für die ihrer Meinung nach korrekte Linie zu agitieren.)

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